Pentedattilo-Kalabriens Geisterdorf
- katharinaaronis

- 13. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Wer Lust auf einen echten Lost Place mit atemberaubender Aussicht auf das Ionische Meer uns den Ätna hat, ist hier genau richtig.

In Reggio Calabria haben wir den ersten Schritt in die griechische Welt Kalabriens gemacht. Nun folgt step 2. Wir besuchen in den nächsten zwei Tagen drei Bergdörfer, in denen heute noch ein griechischer Dialekt gesprochen wird. Das erste Dorf auf unserer Route ist mit etwa 20 Auto-Minuten von Reggio gut zu erreichen und hat einen Namen, der griechischer nicht sein könnte: Pentedatillo.
Der Name ergibt sich aus den Wörtnern pente=fünf, daktilos=Finger, die fünf Finger also. Das Dorf bekam seinen Name von dem riesigen Felsen auf dem es erbaut wurde, der einer Hand mit fünf Fingern ähnelt.
Wir spüren hier eine ganz besondere Energie. Es ist ruhig. Die Sonne scheint und man will die Stille gar nicht stören. Im Reiseführer ist Pentedatillo als Geisterdorf beschrieben, das hat mich neugierig gemacht. Warum ein Geisterdorf?
Hier gibt es eine kleine Bar, die gut erhaltene Kirche Santi Apostoli Pietro e Paolo und zwei (!) bewohnte Häuser. Die allermeisten Häuser jedoch sind bereits verfallen. Wahrhaftige Ruinen, aus denen schon prächtige Kakteen herauswachsen. Trotzdem sind die kleinen Gassen liebevoll gestaltet. Überall sind an den Wänden sind Sprüche angebracht, Blumen gepflanzt und es gibt eine kleine Initiative, die sich um die eigentlichen Dorfbewohner kümmert: I gatti-die vielen Katzen. Die Atmosphäre hier ist schwer zu beschreiben. Einerseits fragt man sich, warum man das Dorf nicht wiederbelebt und die Häuser neu baut. Andererseits ist auch klar, dass die eigentliche Attraktion dieses Dorfes das Dorf selbst ist.
Pentedattilo, wie auch andere Dörfer Kalabriens ist immer wieder starken Erdbeben ausgesetzt gewesen, die teils verheerend waren. Viele Bewohner haben das Dorf nicht nur verlassen, sondern sind, wie viele Kalabresen, ausgewandert. Andere wiederrum wurden vom Staat umgesiedel bis es dieser letztlich für unbewohnbar erklärte und ein paar Hundert Meter weiter, am Hang, ein neues Dorf bauen ließ. Das erzählt uns auch ein Mann, der am Ortseingang Früchte verkauft (eher für die Besucher als für die Einwohner). Inzwischen zieht Pentedattilo jedes Jahr einige Touristen an und auch das Pentedattilo Film Festival findet hier statt. Also ist das mit dem Felssturz doch nicht so schlimm?
Pentedattilo liegt übrigens am Sentiero dell´Inglese im Aspromonte Gebirge. Damit ist der Wanderweg gemeint, den der englische Schriftsteller Edward Lear einst zurücklegte, als er 1847 das damalige Königreich beider Sizilien besuchte und das griechische Kalabrien zu Fuß entdeckte. Er soll bei seiner Ankunft folgenden Eindruck über Pentedattilo gehabt haben:
„Auf einem erhöhten Plateau, von dem aus der gesamte ‚Zehenbereich‘ Italiens deutlich zu erkennen ist, ein Meer von gewellten Linien in unterschiedlichen Formen bis hin zum Mittelmeer; hier und da funkelten einige Städte, und über dem südlichen Ende des Landes ragte ein hoher Felsencluster empor – die wilden Felsen von Pentedátelo, die besonders unsere Aufmerksamkeit fesselten.“
Wollt ihr mehr über die Wanderroute des Sentiero dell´Inglese im Aspromonte Gebirge wissen? Dann schaut hier vorbei: https://sentierodellinglese.wordpress.com/
Hier wird eine 6-tätige Wanderung beschrieben, die Mitten im Herzstück des griechischen Kalabriens verläuft. Von Pentedattilo, über Roghudi, Galliciano bis nach Bova. Über diese Dörfer lest ihr in meinen nächsten Artikeln.
Nach unserem Besuch in Pentedattilo fühlen wir uns fast schon erholt, runtergefahren, als wären wir in einer anderen Welt gewesen. Wir fahren noch am selben Tag weiter in das nächste Dorf Galliciano, doch auf der Autofahrt lassen uns die vielen Eindrücke nicht los.
Welche Lost Places kennt ihr? Und was machen sie für euch besonders? Ich freu mich auf eure Kommentare!

















Toller Beitrag! Bekommt man direkt Fernweh ☺️
Ein interessanter Artikel! Da bekommt man Lust, sich diesen "Lost Place" genauer anzuschauen.
Ich mag an Lost Places, dass sie aus der Zeit gefallen sind und man sich in Geschichten verlieren kann, die dort so stattgefunden haben könnten.