top of page

Gianni Carrera- Mit beiden Beinen auf dem Boden und den Kopf voller Träume

Dieses Mal darf ich euch Gianni Carrera, Sänger & Gitarrist der Band I Dolci Signori vorstellen. Gianni ist in Kalabrien aufgewachsen und kam vor 25 Jahren nach Deutschland um seine Musikkarriere voranzubringen. In unserem Interview erzählt er mir von den Anfängen der Musik in seinem Heimatdorf Luzzi, wie er seine Karriere aufgebaut hat und was ihn geprägt hat. Es ist eine Geschichte, in der es sich gelohnt hat mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben und gleichzeitig seine Träume niemals aufzugeben.


ree

Gianni bei einem seiner Auftritte im Sommer 2025



Gianni, danke, dass du dir einen Moment Zeit nimmst, um mit mir über deine Karriere zu sprechen. Also, du hast seit 25 Jahren großen Erfolg mit deiner Band I Dolci Signori in Deutschland. Warum hast du beschlossen, Kalabrien zu verlassen?

Ich habe Kalabrien verlassen, weil ich mit meiner musikalischen Tätigkeit unzufrieden war. Ich konnte keine Musik auf professionellem Niveau machen. Mein Bruder war bereits in Deutschland und so dachte ich mir, ich könnte eine Zeit lang zu ihm ziehen und gleichzeitig versuchen, eine musikalische Laufbahn zu starten. Die ersten Monate bin ich anderen Jobs nachgegangen und bin noch zwischen Kalabrien und Deutschland gependelt. Mit der Zeit wurde die Musik aber immer wichtiger, ich habe immer mehr Auftritte bekommen und auch schon bald habe ich meine Bandkollegen von I Dolci Signori kennengelernt. So bin ich dann fest hier geblieben.

Wann hat deine Liebe zur Musik begonnen? Welchen Einfluss hatte Musik in deiner Kindheit?

Meine Mutter hat immer versucht mich zu überreden mit der Musik anzufangen, aber ich wollte nicht. Allerdings hatten alle meine Freunde etwas mit Musik zu tun, und in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es ein Blasorchester, da war es unmöglich, der Musik zu entkommen. Also begann ich, Trompete und Flügelhorn im Dorforchester zu spielen. Richtige Leidenschaft für die Musik habe ich erst empfunden als meine nonna Rosina mir aus dem Nichts, einfach so, eine Gitarre geschenkt hat (lacht). Das war der Moment, in dem ich gemerkt habe, ich möchte mich der Musik widmen. Daraufhin haben wir mit meinen Freunden eine Band gegründet, aber nur aus Spaß, noch nicht professionell. Wir waren sehr neugierig, haben Musik von vielen internationalen Künstlern gehört und so einen Fusion-Stil gespielt, eine Mischung aus Pop und Jazz.


Von oben nach unten: Gianni in der DeBonis Gitarrenbauschule mit seinen Gitarren und mit Freunden aus Kalabrien.


Schon bald wolltest du Musik professionell machen und bist ans Konservatorium nach Cosenza gegangen...

Ja, ich wollte Gitarre studieren, aber die Zulassung für Gitarre am Konservatorium war sehr begrenzt, da es nur 10 Studienplätze gab und man am besten mit Kontakten reinkam, die ich aber nicht hatte. Da ich auch Trompete spielte habe ich mich dafür eingeschrieben, und dachte ich könnte dann zu Gitarre wechseln. Das hat aber leider nicht funktioniert. Somit habe ich das Theoriestudium für Trompete abgeschlossen und dann aufgehört um privat mit dem Gitarrenstudium weiterzumachen.

Nur Gitarre spielen war dir aber nicht genug und so hast du die renommierte Gitarrenbauerschule DeBonis besucht...

Genau, ich habe mir gedacht, wenn ich Gitarre schon nicht studieren kann, dann baue ich sie eben! (lacht)

So einfach war dein Gedankengang?

Ja, das war wirklich der Gedanke, den ich hatte, als ich die Lehre zum Gitarrenbauer anfing. Ich habe aber auch schnell festgestellt, dass ich eine gewisse Geschicklichkeit im Umgang mit Holz hatte und so habe ich die Lehre auch abgeschlossen. Ich hatte Glück, denn die Gitarrenbauerschule war nicht nur in Bisignano, in meinem Nachbarort sondern sie hatte auch einen sehr guten Ruf. Die Familie De Bonis ist eine Gitarrenbauer-Familie, die dieses Handwerk seit über 200 Jahren von Generation zu Generation weitergibt.

Was war für dich das besondere an der De Bonis Schule?

Es war einfach wunderschön, diese Schule zu besuchen, besonders weil unser Lehrer uns so viel mehr auf den Weg mitgegeben hat als "nur" wie man Gitarren baut. Vieles was ich von ihm dort gelernt habe, hilft mir auch heute noch in verschiedenen Lebenslagen eine große Hilfe. Ich würde also sagen, die DeBonis Schule war für mich eine sehr prägende Zeit.

In Deutschland hast du dann auch eine kleine Werkstatt aufgemacht..

Ja, diese Leidenschaft ist mir geblieben. Gleichzeitig habe ich auch mit der Musik weitergemacht. Aber nach einer Weile musste ich mich zwischen Gitarrenbau und Musik entscheiden, weil es zwei sehr unterschiedliche Berufe sind. Gitarrenbau ist fast eine meditative Tätigkeit: Du stehst früh auf, hörst klassische Musik, konzentrierst dich… Musik zu machen und Konzerte zu spielen ist dagegen etwas völlig anderes: Du spielst an verschiedenen Orten, kommst spät nach Hause, manchmal um 2 oder 3 Uhr nachts. Stell dir vor, du musst dann früh aufstehen und dich darauf konzentrieren Instrumente zu bauen! Zumindest ich konnte nicht beides gleichzeitig machen. Aber wer weiß, vielleicht kehre ich irgendwann wieder zum Gitarrenbau zurück..

Warum ist die Kunst des Gitarrenbaus besonders? Und warum sollte sie deiner Meinung nach bewahrt werden?

Gitarrenbau bedeutet, mit den Händen zu arbeiten. Ich erinnere mich, dass mein Lehrer in der De Bonis-Schule gegen den Einsatz von Maschinen jeglicher Art war und immer sagte: "Möglichst sollte nicht mal eine Lampe zum Einsatz kommen!" (lacht)-möglichst sollte man also alles überhaupt ohne Strom machen. Er hat mir uns auch primär Dialekt gesprochen und nicht italienisch. Das hat mir geholfen, der Tradition treu zu bleiben und diese Arbeit so zu machen wie früher.

Unbestreitbar war dein beruflicher Erfolg in der Musik. Du spielst solo und bist Teil der Band I Dolci Signori. Was ist das Geheimnis, um 25 Jahre erfolgreich in diesem Beruf zu bleiben?

Ich hatte das Glück, Musiker zu treffen, die genauso dachten wie ich, die die gleichen Ziele hatten. Wir waren bereit, sowohl eigene Musik als auch Cover-Versionen zu machen, um herauszufinden, was beim Publikum besser ankommt. Wir hatten auch das Glück, zwei Musicals zu machen. Aber vor allem sind wir immer mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. Dieser Beruf lässt dich schnell glauben, wie ein "Superstar" gesehen zu werden. Wenn du aber bestehen willst, musst du das Ganze als Arbeit, als Handwerk, angehen und dich auf die Musik konzentrieren.

Eindrücke von I DOLCI SIGNORI von den Anfängen bis heute.


Neben der Band komponierst du auch eigene Musik, wie zum Beispiel auf deinem Album Armonia. Wovon handelt dieses Album?

Der Titel bezieht sich auf die Harmonie, die wir in uns tragen. Oft suchen wir die Harmonie außerhalb von uns, aber in Wirklichkeit ist sie viel näher, als wir denken.

Du arbeitest auch an einem neuen Album. Wo findest du die Inspiration?

Sicher in Kalabrien. Wenn ich in Deutschland bin, konzentriere ich mich mehr auf Cover und Live-Musik. Aber wenn ich in Kalabrien bin, kommt die Kreativität für Neues ganz von selbst.

Wie würdest du Kalabrien einer Person beschreiben, die noch nie dort war?

Kalabrien bringt dir Ruhe, Frieden und Harmonie. Und das ist nicht wenig. Es sind all die Dinge, die wir heute alle suchen, in einer Welt, in der es nur ums Geld geht. Oft versuchst du, Geld zu verdienen, um Harmonie zu erreichen, aber Harmonie und Frieden kann man mit keinem Geld kaufen. Du fährst nach Kalabrien, und findest alles, was du suchst — kostenlos.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Moment denke ich, dass ich genug Jahre in einem fremden Land verbracht habe, das nicht mein eigenes ist. Ich bin jetzt seit 25 Jahren in Deutschland. Eine lange, sehr schöne und sehr lehrreiche Zeit, aber ehrlich gesagt, möchte ich irgendwann wieder in mein Heimatland zurückkehren. Vielleicht nicht sofort. Meine Partnerin und ich denken darüber nach, wie wir in Zukunft den Spagat zwischen Deutschland und Kalabrien meistern, wir befinden uns also gerade in einer Übergangsphase.

Und in dieser Übergangsphase gibts auch ein neues Album?

Ja, wenn wir in Italien Ruhe haben, dann sollten wir die auch nutzen — sowohl für das Album als auch für den Gitarrenbau.


Ich bin sehr gespannt auf deine neuen Lieder. Vielen Dank, Gianni, dass du deine Erfahrungen mit mir geteilt hast. Bis bald!


Mehr Infos zu Gianni, seiner Musik und zu Buchungsanfragen findet ihr hier:





Folgt auch I DOLCI SIGNORI und erhaltet alle Infos zu den nächsten Konzerten:



 
 
 

Kommentare

Mit 0 von 5 Sternen bewertet.
Noch keine Ratings

Rating hinzufügen
bottom of page